Zilla Leutenegger
Der Mond ist mein Freund
Eröffnung 27. November, 19h
Die Einzelausstellung “Der Mond ist mein Freund“ von Zilla Leutenegger (1968) schließt das Jahresprogramm 2003 von Halle für Kunst eV ab, das mit der Gruppenausstellung “Handlungsräume“ im Januar begann. Der thematische Schwerpunkt von Halle für Kunst eV lag dieses Jahr bei Fragestellungen, die das Feld von persönlichen und gesellschaftlichen Räumen sowie deren Angrenzungen behandeln. Die Schweizer Künstlerin weitet diese Fragestellungen auf den Weltraum und den privaten Raum der subjektiven Traumwelt aus.
Zilla Leutenegger verknüpft unterschiedliche Bildformate und Projektionstechniken, animiert Zeichnungen zu Trickfilmen und dekonstruiert Filmmaterial zu bewegten Zeichnungen. Aufwändige digitale Bluebox-Verfahren gehören ebenso zu ihrer Bildsprache wie Wandzeichnungen, die einfache analoge Montage von Video- und Dia-Projektionen und das Collagieren von statischem Bildmaterial aus Zeitschriften mit bewegten Filmsequenzen und Zeichnungen. In dieser Schnittmenge von unterschiedlichen Materialien entstehen die Schauplätze, in die sie sich hinein inszeniert.
Das dreiminütige Musikvideo ’Flug zum Mond‘ (1999), läuft in einem Loop auf einem Monitor. Es sind Szenen, die in einer Unterführung gedreht wurden, kombiniert mit Filmsequenzen, die den Flug zum Mond zu visualisieren versuchen. Zilla Leutenegger spielt hier mit unseren Visionen und Traumvorstellungen von der Reise zum Mond, was die unspektakulären realen Aufnahmen von Raketenstarts nicht leisten können. ’Der Mann im Mond‘ (2000) ist eigentlich eine Männin. In männlicher Pose uriniert Zilla Leutenegger fröhlich pfeifend in einen Mondkrater. Sie ironisiert durch diese Handlung das typisch männliche Markieren von Territorien und die damit verbundene Kommunikation des Besitzergreifens. Mit ’Going home‘ (2003) schließt die Künstlerin ihre Serie von Mondarbeiten ab. Projiziert auf einen Helm ist sie selber zu sehen, wie sie über den Mond nach Hause spaziert. Ihr Ausflug oder ihre Mission ist beendet.
Neben den Mondarbeiten sind in der Lüneburger Ausstellung die Schlafstudien ’Odds for Tonight‘ (2001-02) zu sehen. Es sind so genannte Video Drawings, digital erzeugte Strich-Zeichnungen, die sich bewegen. Zilla Leutenegger stellt sich selbst und imaginäre Personen schlafend dar. Sie rühren sich kaum, nur die Decke hebt sich sanft im Atem-Rythmus. Ebenso wie bei den Mondarbeiten ist in diesen Arbeiten der vielleicht intensivste Gemütszustand des Menschen – die Einsamkeit – zentral . Einsam schlägt auch die Frau in ’Forget the Day‘ (2003) ihre Brücken. Eine akrobatische Vorführung, die eigentlich nach Zuschauern ruft.
In ihren Installationen nimmt die Künstlerin narrative Elemente auf, um sie zu einer umfassenden Mythologie der eigenen Person zu verdichten. Immer wieder tritt sie in kurzen Sequenzen selbst auf. Dabei inszeniert sie aber kein einheitliches Image ihrer Person, sondern gibt ihren Figuren unterschiedliche Charaktere, die sich untereinander kaum kennen dürften. Das Verhallen – nicht das dramatische Scheitern – von Kommunikation in einer kommunikationsbesessenen Welt durchzieht ihr Werk und erschwert die Identifikation einer Person, erst recht einer Haltung.
Kuratiert von Bettina Steinbrügge