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KUNST

Lüneburg

Hans-Christian Dany, Michael Elmgreen, Ingar Dragset, Kerstin Kartscher, Ellen Cantor, Lukas Duwenhögger

High Infidelity

Ausstellung   06. Juni 1998 – 30. August 1998

Hans-Christian Dany (D), Lukas Duwenhögger(D), Ellen Cantor (GB), Ingar Dragset/Michael Elmgreen (DK), Kerstin Kartscher (D/GB)

High Infidelity erinnert an eine Kopie des ‚Originals‘, an Unschärfen in der (Klang)Übertragung, an Treulosigkeit – vielleicht auch an ‚high‘ sein, überdreht sein, oder nach der Sabotage überkommener Repräsentationsmuster – auf alle Fälle aber nach der Gestaltung der eigenen subjektiven Realität. Annäherung geschieht auf exzessive Weise, immer an der Grenze zur Überschreitung und dabei den auf Selbsterhaltung und Selbstkontrolle ausgerichteten Rationalismus unterlaufend: Was ist, zeigt sich nur, wenn es außer sich ist (Bataille). Manchmal geschieht die Annäherung aber auch mittels produzierter Banalität, Langeweile oder Langsamkeit.

Die Zeichnungen und Videos von Ellen Cantor scheinen romantische, verklärte Vorstellungen einer ewigen, treuen Liebe zu sein – eine die noch an ‚Wahrheit‘ glaubt, an eine Verschmelzung zweier Partner. Doch gleichzeitig zitieren ihre mit dem Bleistift weich gezeichneten Liebesdarstellungen Pornografie, zeigen unbrüskiert Liebesakte – nicht der Ehering hält die Liebenden zusammen – nein, sie bläst dem Geliebten einen bis in alle Ewigkeit.
‚Powerless Structures Nr. 29‘ von Ingar Dragset und Michael Elmgreen ist ein Vorschlag für die Veränderung von ‚White Cubes‘ und von ‚Dark Rooms‘. Zwei Dark Rooms aus milchigem weiß stehen unter den Deckenfenster des Ausstellungsraums. Eine Seite des Dark Rooms ist offen und gewährt Einblick auf einen Hocker mit verspiegelter Oberfläche, in der sich der Himmel reflektiert – eine Inversion eines Dark-Rooms, der nur durch die ‚Glory Holes‘ und die Form erkennbar ist.
Die von Kerstin Kartscher präsentierten Fotos und Videos kreisen um Wünsche und projizieren Abenteuer überall dort wo keine sind. Der personalisierten Betrachtung der Umwelt, welche letztendlich wie ein Raster die Identität der Künstlerperson Kartscher widerspiegelt, entzieht sie sich, indem sie in ihren Videos und Photographien sich in die Mimikry gesellschaftlicher Konstruktionen und Stereotypen hüllt, in der Hoffnung, sich einen Freiraum erhalten zu können.
Auch in Hans-Christian Danys kleinformatigen Farbstiftzeichnungen spiegelt sich Alltägliches mit Bildern aus Innenwelten wieder, die zu einem engen Patchwork verwoben sind. Die Naturbeobachtungen in den Videos beschäftigen sich – trotz ihrer Beiläufigkeit – mit dem Verstreichen von Zeit. Es entsteht ein Wechselspiel zwischen einer fast hysterischen Überladenheit und etwas merkwürdig Trägem.
Lukas Duwenhögger inszeniert sein sowohl komödiantes als auch kritisches Bild in einer Sprache, die sich auf die Literatur Ronald Firbanks bezieht: ein Klassenzimmer als firbankischer Hofstaat einer Königin. Gezeigt wird der Fortbestand gesellschaftlicher Isolierung gegenüber homosexuellen Positionen im ‚Klassenzimmer‘ bzw. im akademischen Diskurs, der im krassen Gegensatz zu der allgemein propagierten modischen und ökonomischen Nivellierung der Geschlechterdifferenzen steht.

Kuratiert von Heike Munder