Trespassing - Videoscreening
Die Präsenz von Künstlern in ihren Arbeiten lässt letztere zu einer Art persönlicher Odyssee werden, zu einer Odyssee, die nicht das Selbst fokussiert, sondern das Außen bzw. Umgebungen und Situationen in denen wir leben. Der persönliche Stand und die Präsenz verweisen zudem auf das Misstrauen gegenüber der Fähigkeit, einen ideologischen Standpunkt einzunehmen, sobald regionale Ereignisse nicht aus erster Hand oder durch eine Gegenüberstellung mit den Menschen und Geschehnissen bestätigt werden können. Dieser Standpunkt sollte vielmehr durch persönliches Eingreifen fundiert werden.
Solch eine Handlungsweise kann entweder aus technischer Perspektive oder als interner künstlerischer Diskurs beschrieben werden. Auf jeden Fall fehlt bei solch einer Beschreibung die breitere soziale und kulturelle Bedeutung des Phänomens. Wir bemerken eine allgemeine Verweigerung verbreiteter, institutionalisierter Informationskanäle, die wir alle kennen – Kindergarten, Schule, Armee, Medien, Unterhaltungsindustrie usw.
Die Anwesenheit der Künstler in ihren Arbeiten und ihr aktives Eingreifen beim Erschaffen der Wirklichkeit, welche dem Betrachter durch Konversation, Provokation oder Aufbereitung dargeboten werden, ist in Israels sozialem Milieu so rar, dass die wenigen Fälle unbedingt beachtet werden müssen. Die Direktheit dieser künstlerischen Handlungsweise, des Eingreifens des Künstlers, konfrontiert den Betrachter mit einer problematischen Situation, in welcher er Entscheidungen treffen, eine Position einnehmen und zwischen dem Künstler und der gegenübergestellten Person entscheiden muss. Für einen Besucher, welchem nicht durch brutale aggressive Nötigung sondern vielmehr durch Erziehung zu einem geteilten Schicksal und durch eine gruppenbezogene Partnerschaft, welche durch eine klare Definition von »Wir« und »Sie« entstanden ist, beigebracht wurde, sich mit den Vertretern der Autorität zu identifizieren, ist es beunruhigend zu sehen, wie ein Soldat, ein Polizist oder ein anderer Sicherheitsmann direkt von einem Künstler attackiert wird.
Auf der anderen Seite ist das Anzweifeln, welches dem Betrachter nahe gelegt wird, eindeutig auf Identität und Identifikation ausgerichtet. Können wir also diesen Ausweg nutzen, welchen die Künstler für uns öffnen, um die Vorfälle von einem anderen Standpunkt aus zu sehen, aus der Perspektive einer anderen Identität?
Der Betrachter ist mit der Herausforderung konfrontiert, den vom Künstler zur Betrachtung geöffneten Spalt von einem anderen Standpunkt aus, mit einer anderen Identität zu untersuchen.
Des Weiteren wird der Betrachter durch das Ändern der traditionellen Machtbeziehungen und der Definitionen der Rollen von Fotograf und fotografiertem Subjekt, Dokumentierendem und Realität dazu aufgefordert, etwas zu ändern und zu versuchen, für sich innerhalb seiner Realität eine neue Rolle zu übernehmen.
Das Trespassing (unerlaubte Betreten) des Künstlers und des Kunstwerkes tritt auf zwei Ebenen ein: Zuerst auf der künstlerischen Ebene, in welcher sich die Grenzen zwischen dem Dokumentarischen und dem Künstlerischen kreuzen; die Grenzen von Rollendefinitionen im Rahmen der vorgegebenen Machtbeziehungen werden überschritten. Zum Anderen auf der sozialen Ebene, auf welcher einige Verbote, welche jede kritische Bezugnahme immer noch der Polizei oder Armee übergeben oder die sozialen Disziplinierungsprozesse, an welchen wir noch immer festhalten und welche jegliches Untergraben ihrer Autorität verhindern, immer noch befolgt werden.
Die Frage, welche offen stehen bleibt, ist: Wie wird dieses feinfühlige, hoch komplizierte und lokal ausgerichtete Rollenspiel woanders aufgenommen werden, wo die Betrachter mit den dargestellten verborgenen Definitionen und den geänderten Rollen nicht so vertraut sind?
Eyal Danon ist Kurator am Israeli Center for Digital Art, Holon
Die Veranstaltung findet statt im Rahmen von:
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30. August - 21. September 2008