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HALLE

FÜR

KUNST

Lüneburg

Sofie Thorsen

Wandmalerei

Exhibition   October 20, 2007 – December 2, 2007

Halle für Kunst e.V. freut sich, die dänische Künstlerin Sofie Thorsen mit einer Einzelausstellung in Lüneburg vorstellen zu können. Sofie Thorsen, die seit Jahren in Wien lebt, schließt mit der Ausstellung „Wandmalerei“ an vergangene Projekte an, die sich mit der Frage nach Kunst im öffentlichen Raum hinsichtlich Ort und Stadtidentität, aber auch mit dem Medium Zeichnung auseinandersetzen.

Die Fassade der Gegenwart als konstituierendes Element einer Stadt bildet das zentrale Thema der Ausstellung „Wandmalerei“. Ausgangspunkt für die Recherche zum Projekt ist die Stadt Lüneburg, deren Stadtbild gekennzeichnet ist durch die Backsteingotik. Die Konservierung der Fassaden erfolgt durch deren Bemalung; die gemalte Schicht entspricht dem sich darunter befindlichen Backstein. Diese, erst auf dem zweiten Blick erkenntliche Besonderheit, verleit der Stadt einen theatralen fast schon surrealen Charakter.

Sofie Thorsens Erforschung des Stadtbildes geht über Lüneburg hinaus und wählt als weiteren Untersuchungsort Tokio. Die japanische Millionenmetropole ist von Temporalität, Vergänglichkeit und permanenter Veränderung symbolisiert. Tokio erlebte 1923 eine 80prozentige Zerstörung durch das Kanto-Erdbeben – eine städtische Ausnahmesituation, die den Ort komplett veränderte und für eine kurze Zeit den Mitgliedern der Barrack Decoration Company (Barakku Soshokusha) und anderen Gruppierungen der japanischen Avantgarde einen radikalen künstlerischen Umgang mit den Fassaden der Stadt erlaubte. Barrack Decoration ist die künstlerische Bemalung von Fassaden der temporären Strukturen (Barrakus), die nach den Erdbeben für wohn- und kommerzielle Zwecke errichtet wurden.

Die Ausstellung besteht aus drei unterschiedlichen Arbeiten, welche formal divergieren und auch inhaltlich unterschiedliche Ausgangspunkte wählen. Eine minimal gemalte – beinahe gezeichnete – Backsteinwand bildet den ersten Teil. Es ist eine Referenz einerseits auf die Stadt Lüneburg, aber auch auf ihre Konstruiertheit und damit ein Verweis auf die europäische Stadt.
Als Konterpart dazu eröffnet eine in vier Kapitel unterteilte Diaprojektion ein Gedankenfeld, welches anhand der Barrakus die Temporalität und die Vergänglichkeit der Architektur reflektiert, aber auch die Temporalität dieses kurzen radikalen Momentes verhandelt. Es wird eine Collage aus Fotokopien und Zeichnungen gezeigt, Material, welches die Künstlerin in Tokio gesammelt hat. Teilweise sind die Motive schwer erkenntlich, die Originale sind sehr alt, mehrfach reproduziert und die abgebildeten Barakkus erscheinen dadurch ungreifbar und entfernt. Das macht Sinn, denn die aus schlichten Holzstrukturen bestehenden, ephemer erscheinenden Barrakus verfügten über aufgeklebte Fassaden und waren dazu bestimmt nur für eine kurze Dauer zu bestehen.
Ein Wandbild bildet den abschließenden Teil der Ausstellung. Einzelne Elemente und Formen eines japanischen Fassadenentwurfs, der heute nur noch aus Schwarzweissabbildungen bekannt ist, und ein Farbindex, der auf die mögliche Farbigkeit des Entwurfs hindeutet, sind zu sehen. Die Farben basieren auf Beschreibungen von Bruno Tauts farbigen Bauten in Magdeburg, die er dort zwischen 1921-23 realisierte und die die Arbeit der Barrack Decoration Company maßgeblich beeinflusste.

Obschon die Orte Lüneburg und Tokio gegensätzlicher nicht sein könnten, ist eine Gegenüberstellung der Oberflächen ihrer Häuser und ihre Materialität in vielfacher Hinsicht aufschlussreich. Fassaden bilden die Oberfläche einer menschlichen Gesellschaft und sind sprechend. Das Thema der Ausstellung wird formal abstrahiert und macht die Städte zu zwei möglichen Exempeln, die sich weniger ergänzen als vielmehr gegenseitig dekonstruieren.

 

Biografie:
Geb. 1971 in Århus, Dänemark, lebt und arbeitet Sofie Thorsen in Wien, Österreich.
1993-94 School of Visual Arts, Budapest, Ungarn; 1995-2001 Det Kongelige Danske Kunstakademi, Kopenhagen, Dänemark; 1999-2001 Akademie der Bildenden Künste, Wien, Österreich; seit 2005 künstlerische Mitarbeiterin an der Akademie der Bildenden Künste, Wien, Ordinariat für Performative Kunst und Bildhauerei

Führungen (jeweils 15h):

28. Oktober
11. November
02. Dezember

 

Kuratiert von Bettina Steinbrügge

 

Herzlichen Dank:

Land Niedersachsen, Lüneburgischer Landschaftsverband, Stadt Lüneburg, Danish Arts Council, Bundeskanzleramt Wien, Rainer Burmester (Fa. Frank Deckert), Jens Hartwig, Alena Nawrotzki, Imke Kannegiesser, Catharina Rahlff-Mackeprang, Kathrin Glinka, Christian Gatzert und Stephanie Seidel.